Der Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance empfiehlt seit seiner ersten Publikation im Jahr 2002 die Einrichtung von Verwaltungsratsausschüssen, insbesondere von Prüfungs-, Vergütungs- und Nominationsausschüssen. Diese Ausschüsse sollen klar definierte Themen vertieft vorbereiten und dem Verwaltungsrat entsprechende Empfehlungen unterbreiten.
Seit dem 1. Januar 2014 müssen börsenkotierte Unternehmen in der Schweiz infolge der Umsetzung der Minder-Initiative zwingend einen Vergütungsausschuss einrichten. Heute hält der Swiss Code fest, dass zusätzliche Ausschüsse geschaffen werden können, sofern dies sachgerecht ist.
In der Praxis ist die Zahl der Verwaltungsratsausschüsse deutlich gestiegen: Bei SMI-Unternehmen nahm die durchschnittliche Anzahl der Ausschüsse von 0,63 im Jahr 1988 auf 3,85 im Jahr 2024 zu. Dieser Anstieg setzte bereits vor der Publikation des Swiss Code ein.
SMI-Mid-Unternehmen verfügen heute im Durchschnitt über 3,5 Ausschüsse, während kleinere börsenkotierte Unternehmen im Mittel rund 2,5 Ausschüsse haben. Unternehmen wie Nestlé, Novartis oder UBS, aber auch Avolta oder Sulzer, unterhalten jeweils fünf Ausschüsse, während Dottikon ES (mit lediglich drei Verwaltungsratsmitgliedern) über keinen separaten Ausschuss verfügt.
Diese Entwicklung wirft governance-relevante Fragen auf. Wenn wesentliche Diskussionen und entscheidungsvorbereitende Prozesse zunehmend auf Ausschussebene stattfinden, kann die Rolle des Verwaltungsrates als Organ geschwächt werden. Entscheidungen, für die der Gesamtverwaltungsrat verantwortlich bleibt, werden häufig in den Ausschüssen in eine bestimmte Richtung vorbereitet, was Informationsasymmetrien innerhalb des Verwaltungsrates zur Folge haben kann. Dadurch stellt sich die Frage, ob einzelne Verwaltungsratsmitglieder ihre Verantwortung noch ausreichend wahrnehmen können.
Die Verantwortung für die unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrates verbleibt letztlich beim Verwaltungsrat als Ganzem.
